Pressemitteilung vom 18.05.2021

Klimaschützer:innen besetzen den Forst Kasten – ein zweiter Hambacher Forst vor der Haustür?

München, 18.05.2021 – Klimaschützer:innen aus verschiedenen Bewegungen besetzen seit heute den Forst Kasten im Südwesten Münchens, um den Beschluss zu dessen Rodung abzuwenden. Über 9.000 Bäume sollen einem Kieswerk zum Opfer fallen. Die Aktivist:innen kritisieren einmal mehr die Zerstörung wertvoller Ökosysteme für kurzfristige Konzerninteressen. Sie wollen die Besetzung so lange aufrechterhalten, bis der Stadtrat sich gegen eine Rodung ausspricht.

Einladung zur Pressekonferenz am Mittwoch, 19.05.2021 um 11:00 Uhr. Die genauen Koordinaten werden auf kasti.klimacamp.eu veröffentlicht oder können telefonisch angefragt werden.

9 000 bis 10 000 Bäume bzw. 9,5 Hektar Wald (knapp 14 Fußballfelder) sollen einem Kieswerk im Forst Kasten, einem der Münchener Naherholungsgebiete zwischen Planegg und Neuried, weichen, da eine Entscheidung des Stadtrates gegen die Rodung rechtswidrig sei. Die Stadträt:innen seien an das Gebot der Wirtschaftlichkeit der Heiliggeistspital-Stiftung gebunden und müssten bei Verstoß gegen diese nicht nur für Schadensersatzansprüche der Kiesfirmen, sondern auch Klagen aufgrund von finanziellen Schäden der Stiftung aufkommen. Diese unterhält damit das Altenheim Heiliggeist in Neuhausen. Genau hier setzen die Klimaschützer:innen mit Verweis auf den Hambacher und Dannenröder Forst an: „Wir machen mit unserer Besetzung die Rodung des Forst Kastens so teuer, dass das Gebot der Wirtschaftlichkeit den Stadtrat dazu zwingt, von der Zerstörung abzusehen. Der Imageschaden für die Stiftung wird den Gewinn durch den Kiesabbau überwiegen“, so Gwendolyn Rautenberg (19) aus der Waldbesetzung. „Am Donnerstag soll bereits über das Schicksal des Forst Kasten entschieden werden. Der Stadtrat kann nun aufgrund unserer Ankündigung der Waldbesetzung gegen die Rodung entscheiden oder bei einer Entscheidung für die Rodung mit weitaus größeren Kosten als Schadensersatzansprüchen rechnen. Die Räumung des Dannenroder Walds kostete mindestens 150 Millionen Euro – genug, um den gesamten ÖPNV in Hessen für vier Monate kostenlos zu machen.“

Dabei meinen Anwält*innen des Bund Naturschutz, dass das Vergabeverfahren selbst keinen rechtlichen Zwang darstelle, einen Vertrag mit einer Kiesfirma abzuschließen und die Angabe eines schwerwiegenden Grundes (wie etwa der Klimakrise) möglicherweise ausreiche, um Schadensersatzansprüche ungültig zu machen. Die Aktivist*innen finden die Schadensersatzansprüche einseitig bemessen: „Was ist eigentlich mit den Schadensersatzansprüchen der kommenden Generationen und der Menschen, die die Auswirkungen der Klimakrise bereits spüren? Menschliches Leid ist nicht bezifferbar, jede Tonne CO2 verursacht aber mindestens 180€ Schaden – diese einzubeziehen, wird aber überhaupt nicht in Erwägung gezogen.“

Auf der Website der Stadt München wird die Heiliggeistspital-Stiftung als gemeinnützig dargestellt, dort ist die Rede von „Verantwortung für die Alten und Gebrechlichen übernehmen durch zukunftorientiertes, ökologisches Handeln. […] Der Wald sorgt für die Alten.“ Rautenberg hält eine solche Angabe für zynisch: „Der Wald sorgt als CO2-Senke und Lebensraum der Artenvielfalt für uns alle. Wenn er gerodet wird, ist er nur ein weiteres trauriges Beispiel dafür, wie wir unsere Lebensgrundlagen scheibchenweise konsequent zerstören. Das eigentliche Problem ist doch nicht, dass die Stiftung für den Unterhalt ihres Altenheimes auf das Geld angewiesen ist, sondern dass wir in einem System leben, dass ständig Ökologie und Soziales gegeneinander ausspielt.

Aber wir wissen doch, dass beides nur zusammen möglich ist. Wie kann es überhaupt möglich sein, dass soziale Einrichtungen für ihren Erhalt auf die Zerstörung unserer Umwelt angewiesen sind? Das hat doch mit Gemeinnützigkeit wenig zu tun!“

Die Waldbesetzer*innen sehen ihr Handeln durch die zunehmende Erderhitzung und das Massenaussterben gerechtfertigt. „Klar ist: Der 2019 vom Stadtrat ausgerufene Klimanotstand muss angesichts der ökologischen und Klimakrise über dem Wirtschaftlichkeitsgebots einer Stiftung stehen!“, fasst Rautenbergs Mitstreiterin Anna Bauer (18) zusammen. „Der Forst Kasten macht deutlich, was auf allen Ebenen der Politik passiert: Die Abgeordneten entscheiden im Kapitalismus eben nicht im Sinne ihrer Wähler:innen, sondern werden von Verträgen und Profitmaßgaben ständig dazu gezwungen, die Interessen der Kapitalist:innen durchzusetzen – unabhängig mit welcher ursprünglichen Motivation sie sich haben wählen lassen. Für wirklichen Klimaschutz brauchen wir ein anderes Wirtschaftssystem. Es gibt keinen grünen Kapitalismus!“

Kontakt zur Waldbesetzung:

Lisa Poettinger +49 178 3549509

Ingo Blechschmidt +49 176 95110311
Susanne Egli +49 163 5477141
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